Tana Toraja im Hochland von Sulawesi gehört für mich zu den faszinierendsten Regionen Indonesiens. Ich war bereits zweimal dort und jedes Mal hat mich die mystische Atmosphäre aufs Neue in den Bann gezogen: die traditionellen Häuser, die nebligen Wälder und die einzigartigen – teils blutigen – Beerdigungszeremonien. Nichts für schwache Nerven, aber ein Erlebnis, das man so nur hier findet.
In diesem Guide teile ich meine persönlichen Erfahrungen in Tana Toraja. Du erfährst alles über die Kultur des Toraja-Volkes, die berühmten Beerdigungszeremonien, spannende Sehenswürdigkeiten, Tipps zu Essen, Unterkünften und wie du am besten anreist.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines zu Tana Toraja
Tana Toraja liegt im Hochland von Süd-Sulawesi, nördlich von Makassar. Durch die Höhenlage ist das Klima milder als an der Küste – abends kann es frisch werden. Mich hat vor allem die Mischung aus Landschaft, Nebelschwaden am Morgen und der besonderen Architektur fasziniert.
Die Region ist vor allem wegen der Kultur der Toraja bekannt. Ihre Traditionen – inklusive aufwändiger Beerdigungszeremonien – sind eindrücklich und nichts für zarte Gemüter. Für mich war das herausfordernd und gleichzeitig unglaublich lehrreich: Wenn man respektvoll begegnet, versteht man viel über den Stellenwert von Familie, Gemeinschaft und Ritualen in Tana Toraja.
Wenn du mehr über Sulawesi oder Indonesien im Allgemeinen wissen möchtest, schaue dir meinen Guide zu Sulawesi und meinen Backpacking-Guide zu Indonesien an.
Die Toraja und ihre Kultur
Herkunft & Religion
In Tana Toraja habe ich schnell gemerkt, dass man ohne ein Grundverständnis für das Volk der Toraja vieles nicht richtig einordnen kann. Der Name „Toraja“ leitet sich von To Riaja ab und bedeutet so viel wie „Menschen aus dem Bergland“. Historisch soll das Volk ursprünglich aus dem südchinesischen Raum eingewandert sein.

Während die Bugis im Süden Sulawesis mehrheitlich zum Islam konvertierten, hielten die Toraja an ihren eigenen Traditionen fest – nicht zuletzt, weil Schweinefleisch eine zentrale Rolle in ihrem Leben spielte. Heute sind die meisten Toraja Christen, aber ihre animistischen Wurzeln sind in Ritualen und Zeremonien bis heute sichtbar. Für mich war genau diese Mischung aus christlichem Glauben und altem Brauchtum unglaublich spannend zu erleben.
Tongkonan: Die traditionellen Häuser
Besonders eindrücklich fand ich die traditionellen Häuser der Toraja, die Tongkonan genannt werden. Ein Toraja-Dorf besteht meist aus zwei Reihen: In der einen stehen die Wohnhäuser, die immer nach Norden ausgerichtet sind, in der anderen die Reisspeicher.
Die Dächer sind stark geschwungen und erinnern an Schiffe – eine Erklärung, die mir Einheimische gaben: Sie sollen an die seefahrende Herkunft ihrer Vorfahren erinnern. Ob das historisch so stimmt, sei dahingestellt, aber die Symbolik spürt man sofort.
Im Inneren wirken die Häuser sehr dunkel und eng. Deshalb spielt sich das Leben überwiegend draußen ab. Besonders beeindruckend waren für mich die Frontgiebel, an denen Büffelhörner angebracht sind. Je mehr Hörner eine Familie besitzt, desto höher ist ihr Ansehen. Ich durfte selbst ein Tongkonan von innen betreten und war beeindruckt, wie kunstvoll alles aus Holz gefertigt war – ganz ohne Nägel, nur mit Nut- und Federverbindungen.

Die berühmten Beerdigungszeremonien
Ablauf & Bedeutung
Für die Toraja ist das Leben auf dieser Erde nur ein Übergang. Wirklich wichtig ist für sie das Jenseits. Wenn ein Familienmitglied stirbt, wird die verstorbene Person nicht sofort beerdigt. Stattdessen bleibt der Leichnam im Haus der Familie und nimmt – zumindest symbolisch – weiterhin am Alltag teil. Ich habe erfahren, dass Verstorbene mit Formalin konserviert werden, damit sie über Monate oder sogar Jahre bei der Familie bleiben können.
Die eigentliche Beerdigungszeremonie findet erst statt, wenn genug Geld und Tiere für die Feier gesammelt wurden. Denn eine Zeremonie ist nicht nur ein religiöses Ritual, sondern auch ein Ausdruck von Ansehen und Zusammenhalt. Oft dauert es Jahre, bis eine Familie die Mittel dafür zusammen hat. Kosten können – je nach Umfang, Rang und Anzahl der Tiere – bis in den hohen fünfstelligen Bereich reichen.

Meine Erfahrung (Tag 1–3)
Ich hatte das Glück, bei einer mehrtägigen Zeremonie dabei sein zu dürfen. Dank eines lokalen Guides wusste ich, wo und wann die Feier stattfand – ohne Hilfe wäre das kaum möglich gewesen, da die Einheimischen nur wenig Englisch sprechen.
Tag 1 – Tiere zählen
Am ersten Tag versammelten wir uns auf einem großen Platz. Überall standen angekettete Tiere: vor allem Büffel, aber auch Schweine und Ziegen. Besonders wertvoll sind Büffel mit hohem Weißanteil im Fell, sogenannte Albino-Büffel – sie erreichen Preise wie ein kleiner Neuwagen. Viele Tiere bringt die Familie selbst mit, andere werden von Verwandten und Bekannten geschenkt. Wer ein Tier schenkt, erwartet später selbst Unterstützung für die eigene Zeremonie.
Tag 2 – Abschied im Familienkreis
Am zweiten Tag stand die engste Familie im Mittelpunkt. Es war ein sehr stiller, emotionaler Moment, bei dem sich die Angehörigen noch einmal von den Verstorbenen verabschiedeten.
Tag 3 – Die große Zeremonie
Der dritte Tag war für mich der intensivste. Schon morgens drängten sich Hunderte, wenn nicht Tausende Menschen auf dem Gelände. Ich wurde der Familie vorgestellt, wir bekamen Essen und Palmwein („Ballok“) serviert. Irgendwann begann das eigentliche Ritual: Büffel wurden mit einem gezielten Schnitt am Hals geschlachtet. Das Fleisch wurde sofort zerlegt und an die Gäste verteilt. Dazu sangen Männer im Kreis, während Frauen Gebete sprachen. Auch Hahnenkämpfe und sogar Büffelkämpfe gehörten dazu. Für mich war es eine Mischung aus Schock und Faszination – ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.



Praktische Tipps für Besucher
- Respektvolle Kleidung: Bedeckte Schultern und Beine sind Pflicht. Schwarz oder dunkle Farben sind angebracht.
- Spende mitbringen: Es ist üblich, der Familie eine kleine Geldspende oder ein symbolisches Geschenk (z. B. Zigaretten, Reis) zu geben.
- Ohne Guide schwierig: Ein lokaler Guide kennt Termine und Gepflogenheiten und übersetzt auch.
- Nichts für schwache Nerven: Schlachtungen sind ein zentraler Teil der Zeremonien. Wenn du damit nicht umgehen kannst, solltest du dir überlegen, ob du teilnehmen möchtest.
- Fotografieren: Frage immer vorher. Manche Familien erlauben es, andere möchten keine Bilder.
Sehenswürdigkeiten in Tana Toraja
Neben den Beerdigungszeremonien gibt es in Tana Toraja noch viele weitere Orte, die einen Besuch lohnen. Für mich war es eine spannende Mischung aus Kultur, Tradition und Naturerlebnissen.
Livestock Market Rantepao
Einer der skurrilsten Orte, die ich besucht habe, war der Viehmarkt in Rantepao. Hier wird alles verkauft, was für die Beerdigungszeremonien gebraucht wird: Büffel, Schweine, Hühner, Gänse – sogar bunt gefärbte Küken, die als Kinderspielzeug gedacht sind. Besonders beeindruckend fand ich die Preise der Büffel: Ein Tier mit hohem Weißanteil kann bis zu 20.000 € kosten. Für mich war das kaum vorstellbar, wenn man den indonesischen Durchschnittslohn im Kopf hat.


Baumgräber von Tana Toraja
Eine Tradition, die mich sehr bewegt hat, sind die Baumgräber. Wenn ein Neugeborenes stirbt, wird der kleine Sarg in den Stamm eines lebenden Baumes eingesetzt. So soll das Kind wieder eins mit der Natur werden. In manchen Bäumen habe ich mehr als zehn Gräber gesehen – ein Anblick, der traurig und zugleich sehr faszinierend war.

Londa – der Höhlenfriedhof
Ebenfalls eindrücklich war mein Besuch in Londa, einem Höhlenfriedhof. Hier liegen in und um die Höhlen unzählige Gräber, Totenköpfe und Skelette. Angehörige bringen Zigaretten oder Kleingeld als Opfergaben. Besonders auffällig sind die Tau-Tau-Puppen: Figuren aus Holz, die den Verstorbenen ähneln und neben den Gräbern aufgestellt werden. Für mich war das einer der Orte, an denen die Mischung aus Spiritualität und Alltagsleben der Toraja besonders greifbar wurde.

Rantepao – die Hauptstadt
Rantepao ist die Hauptstadt von Tana Toraja und zugleich das touristische Zentrum. Hier habe ich Roller gemietet, Unterkünfte gefunden und mich mit Lebensmitteln eingedeckt. Die Stadt selbst fand ich eher unspektakulär, aber sie ist der beste Ausgangspunkt für Ausflüge in die Region.
Kete Kesu Village
Kete Kesu gilt als das älteste Dorf der Region und ist heute eher eine Art Freilichtmuseum. Ich habe mir die traditionellen Häuser dort angeschaut, allerdings hat mir der Besuch in aktiven Dörfern mehr gegeben. Trotzdem ist Kete Kesu ein guter Einstieg, um die Architektur und Traditionen der Toraja besser zu verstehen.

Bori Parinding
In Bori’s Parinding stehen große Menhire, die an megalithische Kulturen erinnern. Für die Toraja sind diese Steine mit Ritualen und Ahnenverehrung verbunden. Auch wenn ich dort nur kurz war, hat mich die Atmosphäre sehr beeindruckt.
Essen & Trinken in Tana Toraja
Was mich an Tana Toraja überrascht hat: Essen und Trinken sind hier deutlich vielfältiger als in vielen anderen Regionen Indonesiens. Da die Bevölkerung überwiegend christlich ist, gibt es keine Einschränkungen wie im muslimisch geprägten Süden Sulawesis. Das heißt, ich konnte problemlos Schweinefleisch essen und sogar Alkohol kaufen – etwas, das in Indonesien nicht selbstverständlich ist.
Typische Gerichte
Besonders gerne habe ich „Babi“ (Schweinefleisch) gegessen, das in verschiedenen Varianten angeboten wird – gegrillt, gekocht oder als Eintopf. Eine weitere Spezialität sind Büffelgerichte, vor allem Steaks. Die Zubereitung ist rustikal, aber sehr aromatisch.
Getränke
Was mir in Erinnerung geblieben ist, war der lokale Palmwein, den die Toraja „Ballok“ nennen. Ich habe ihn bei einer Zeremonie probiert – serviert in Bambustassen. Geschmacklich ist er gewöhnungsbedürftig, leicht süßlich und ziemlich stark. Aber genau das macht das Erlebnis so authentisch.
Mein Fazit
Kulinarisch hat mich Tana Toraja positiv überrascht. Ich hatte das Gefühl, dass hier Tradition noch sehr stark im Alltag verwurzelt ist – und das spiegelt sich auch im Essen wider.
Unterkünfte in Tana Toraja
In Tana Toraja gibt es Unterkünfte in allen Preisklassen – von einfachen Gästehäusern bis zu komfortableren Hotels. Ich habe beides ausprobiert, aber am meisten beeindruckt hat mich eine Übernachtung in einem traditionellen Tongkonan.
Meine Erfahrung
Über einen Bekannten konnte ich in einem dieser traditionellen Häuser übernachten. Für gerade einmal 10 € pro Nacht für zwei Personen hatten wir ein unvergessliches Erlebnis. Natürlich war die Ausstattung sehr einfach, aber genau das hat es so besonders gemacht: auf einer Bambusmatte zu schlafen, von Hähnen geweckt zu werden und direkt zwischen den Büffeln der Familie aufzuwachen.
Praktische Tipps
- Roller mieten: Unterkünfte liegen oft etwas verstreut. Mit einem Roller bist du flexibel unterwegs.
- Preis-Leistungs-Verhältnis: Schon für kleines Geld bekommst du saubere Zimmer und ein Frühstück dazu.
- Lage beachten: Wenn du die Zeremonien erleben oder Sehenswürdigkeiten erkunden willst, lohnt es sich, eine Unterkunft in oder um Rantepao zu wählen.
Mein Fazit
Ich habe die Übernachtung in einem Tongkonan als eines meiner schönsten Reiseerlebnisse in Tana Toraja in Erinnerung. Wer die Kultur wirklich spüren möchte, sollte das unbedingt ausprobieren.
Anreise nach Tana Toraja
Die Anreise nach Tana Toraja war für mich schon ein Abenteuer für sich. Es gibt zwei Hauptstrecken, die ich ausprobiert habe: von Makassar im Süden und von Tentena/Ampana im Norden. Beide Routen haben ihren ganz eigenen Charakter.
Von Makassar
Die meisten Reisenden starten von Makassar, der Hauptstadt von Süd-Sulawesi. Ich habe dafür den Nachtbus genommen – und war ehrlich gesagt überrascht, wie bequem er war. Die Sitze ließen sich weit zurücklehnen, es gab Decken und sogar Snacks. Gegen 21:30 Uhr fährt der letzte Bus ab, und am frühen Morgen gegen 4:00–5:00 Uhr kommt man in Rantepao an.
Mein Tipp: Am besten vorher mit deiner Unterkunft Kontakt aufnehmen, damit dich jemand abholt. Denn um diese Uhrzeit gibt es kaum öffentliche Verkehrsmittel.
Von Tentena / Ampana
Die zweite Route bin ich bei einem anderen Trip gefahren – und die war deutlich anstrengender. Der Bus von Tentena nach Rantepao fährt nur einmal täglich und braucht gute 13 Stunden. Ohne Klimaanlage, eng und mit mehreren Pannen war das eine ziemlich schweißtreibende Fahrt.
Beim zweiten Mal hatte ich Glück: Ich traf unterwegs zwei andere Reisende und wir haben uns einen Wagen mit Fahrer geteilt. Das war zwar teurer, aber deutlich angenehmer und schneller.
Mein Fazit
Die Anreise von Makassar ist klar die bessere Wahl – komfortabel, zuverlässig und unkompliziert. Die Route von Tentena ist machbar, aber eher etwas für Abenteurer mit viel Geduld.
Es gibt keinen festen Kalender. Familien planen, sobald genug Mittel vorhanden sind – häufig in der Trockenzeit. Ein lokaler Guide weiß, wo aktuell Zeremonien stattfinden.
In der Regel ja. Sei respektvoll, kleide dich dunkel und bedeckt, folge den Anweisungen der Gastgeber und bringe eine kleine Spende (z. B. Geld, Reis, Zigaretten) mit.
Empfehlung: 3–4 volle Tage. So hast du Zeit für Dörfer, Sehenswürdigkeiten, Wanderungen und – mit Glück – eine mehrtägige Zeremonie.
Nicht zwingend, aber sehr hilfreich: für Sprache/Etikette, Zeremonietermine, kleine Dörfer und Hintergrundwissen.
Am bequemsten per Nachtbus (ca. 8–10 Std.) mit früher Ankunft gegen 4–5 Uhr. Abholung mit der Unterkunft vorab klären.
Die Rituale sind intensiv und beinhalten Schlachtungen. Wenn du sensibel auf Blut reagierst, besuche lieber kulturelle Orte ohne Zeremonie.
Nur nach Rückfrage. Manche Familien erlauben Fotos, andere nicht. Niemals in heiligen Momenten aufdringlich fotografieren.
Rantepao ist die praktische Basis: Unterkünfte, Roller-Verleih, Märkte und Tourenstart. Von hier erreichst du Londa, Kete Kesu, Baumgräber & Co.
Dunkle, schlichte Kleidung; Schultern und Knie bedecken. Feste Schuhe für unebene Wege, ggf. Regenschutz in der Regenzeit.